275 Jahre GNR – Bunte Mischung aus beeindruckenden Texten
Im Rahmen unseres 275-jährigen Schuljubiläums wurde eine illustre Runde aus drei Autorinnen zusammengestellt, die alle einen Bezug zum GNR haben: Cornelia Ertmer als ehemalige Lehrerin, Maren Graf als eine aktuelle Lehrerin und Dana Martinschledde als ehemalige Schülerin (Abitur 2016). Alle drei Autorinnen können auf eigene Publikationen zurückblicken. Der musikalische Rahmen der Lesung wurde von Jamie Postler (Schülersprecherin und Schülerin der Q1) am Klavier mit passend zu den Gefühlslagen der Texte ausgewählten Stücken gestaltet.
In der Mensa lauschte das Publikum den „Texten mit viel Tiefgang von drei Autorinnen aus verschiedenen Generationen“, wie der stellvertretende Schulleiter Thomas Hönemann in seinen Begrüßungsworten versprach. Damit sollte er Recht behalten: Tiefgang und Ausdrucksstärke fand sich in allen Texten – bei einer gleichzeitigen stilistischen und inhaltlichen Vielfalt, die Vergleiche völlig abwegig erscheinen ließ.
Das Publikum zeigte sich ergriffen von Cornelia Ertmers Erzählungen über die Kindheit und Schulzeit in den 1950ern und es war zu merken, dass diese teilweise mit eigenen Erlebnissen oder Erzählungen der Eltern- bzw. Großelterngeneration verbunden wurden. Ertmer, die bis zum Jahr 2001 am GNR Lehrerin war, las drei Texte aus ihrem soeben erschienenen Band „Der Geschmack von Lebertran“, die aus der unverstellten Sicht eines Kindes Erfahrungen im Alltag der 1950er Jahre lebendig werden ließen. „Schule – ganz anders als heute: Schläge und Strafarbeiten gehörten zum Alltag“, so die Autorin. Ertmer ließ „das Kind“ z.B. große Anstrengung schwankend zwischen Freude und Frustration erleben, als es sich von der Lehrerin als Belohnung für 100 Fleißkärtchen ein Heiligenbild von Jesus oder Maria erarbeiten will.
Im zweiten Lesungsteil, der von der Lehrerin Maren Graf gestaltet wurde, hörte man zahlreiche Lacher im Publikum, die allerdings hier und da im Halse stecken blieben. Grafs Kurzkrimis „Onkel Thorsten“ und „Dat is wie damals“ waren voller Witz bis und makabrer Ironie, was man so nicht erwartet hatte. „Ich schreibe auch humorvoll, um die menschlichen Abgründe etwas besser ertragen zu können“, so die Autorin. Als gebürtige Schleswigerin ließ sie z.B. im zweiten gelesenen Kurzkrimi die Protagonisten in Norddeutsch-Platt „schnacken“ und dabei wie „nebenbei“ ungeheuerliche Taten ausführen, immer mit einem besonderen Blick auf die dortige Protagonisten-Gruppe, die aus einer alternden Männer-Skat-Runde mit besonderen Aufnahmeritualen besteht.
Der dritte Teil der Lesung von der ehemaligen Schülerin Dana Martinschledde ließ das Publikum sehr still werden, sichtlich ergriffen von der Wortgewalt und den Gefühlen, die die junge Autorin über Sprache transportiert. Von ihren insgesamt fünf Gedichten und Kurzgeschichten blieben viele Gedanken hängen – „ich hatte fast vergessen, ob es draußen regnet oder in mir drin“ formulierte sie z. B. in dem Text „Zweigeteilt“, der erst ganz am Schluss erkennen ließ, dass es hier um das Verhältnis zwischen Herz und Verstand ging. „Genau das reizt mich am Schreiben und an Lesungen“, so Martinschledde, „dass ich den einen Text schreibe und beim Publikum so unterschiedliche Bilder entstehen“. „Ich schreibe aber auch viel für mich, um klarer zu sehen und zu verarbeiten“, ergänzt sie. Martinschledde entließ das Publikum mit dem Text „ Boote aus Papier “ über die Frage nach den Strom des Lebens.
Moderator Thomas Hönemann zeigte sich beeindruckt und resümierte mit einem Augenzwinkern: „Mit dem roten Sofa aus unserem SV-Raum haben wir heute glatt dem blauen Sofa der Frankfurter Buchmesse Konkurrenz gemacht.“ Im Anschluss gab es die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch mit den drei Autorinnen und zum Signieren der Bücher, was zahlreich genutzt wurde.
Fotos: Jennifer Schönfisch (Q1) und Sarah Finkeldei