Vom GNR ins ferne China

Die GNR-Schülerin Heide ist gerade für insgesamt 10 Monate als Austauschschülerin in China. Wir von der Homepage AG konnten mit ihr per Email ein Interview führen und bekommen so spannende Eindrücke in das Land und ihren Alltag dort. Aber lest selbst…

Wie heißt du und wie alt bist du?

Ich heiße Heide Oeding und bin 16 Jahre alt.

Wie lange bist du bereits in China? Wie lange bleibst du noch?

Ich wohne jetzt seit etwas mehr als fünf Monaten hier und habe noch fünf Monate vor mir.

In welchem Ort bist du? In welcher Gastfamilie lebst du, an welcher Schule bist du?

Ich wohne in Beijing, der Hauptstadt Chinas, bei der Familie Yu, mit meinem Gastvater, meiner Gastmutter, meinem Gastbruder, meinen Gastgroßeltern und dem Hund. Hier gehe ich auf die Beijing No. 57 High School.

Wie ist es zu der Idee gekommen, dass du an einem Austauschprogramm teilnehmen wolltest?

Ich reise sehr gerne und habe mich schon immer für andere Kulturen interessiert. Außerdem wollte ich neue Erfahrungen sammeln und selbst miterleben, wie die Menschen auf anderen Teilen der Erde leben.

Wolltest du von Anfang an nach China oder hast du noch über andere (Länder-) Optionen nachgedacht?

Für mich war von Anfang an klar, dass ich nach China möchte. Ich habe vor meinem Auslandsjahr schon recht lange in China gelebt, aber kein Chinesisch gelernt, weil ich zu der Zeit fast ausschließlich unter Ausländern war. Deswegen wollte ich jetzt noch einmal zurückgehen, um Chinesisch zu lernen und bei einer chinesischen Familie viel über die Kultur Chinas zu lernen.

Wie gefällt es dir dort?

Es gefällt mir sehr gut. Die Leute hier sind unglaublich hilfsbereit, nett und neugierig. Man wird ganz oft einfach in der U-Bahn angeredet und gefragt, aus welchem Land man kommt, warum man gerade in China ist, wie es einem gefällt, usw. Außerdem ist Beijing eine super tolle Stadt. Sie ist wirklich riesig und genau das macht sie so interessant, weil es immer ganz viel zu sehen und zu tun gibt.

Wie klappt die Verständigung? Sprichst du schon Chinesisch?

Ja, es klappt schon echt gut. Anfangs war es nicht einfach, aber jetzt verstehe ich das meiste, kann richtige Gespräche führen und auch schon recht viel lesen und schreiben.

Ist Chinesisch schwer zu lernen? Wenn ja, was besonders?

Ja, Chinesisch ist eine ziemlich schwere Sprache. Es wird immer gesagt, dass sich im Chinesischen alles gleich anhört und ich muss zugeben, dass das schon stimmt. Er gibt nur sehr wenige Silben und deswegen werden ganz viele Wörter genau gleich ausgesprochen, haben aber eine andere Bedeutung. Außerdem muss man nicht nur sprechen, sondern auch Zeichen schreiben lernen. Sich die ganzen Zeichen zu merken, ist nicht einfach und man lernt sozusagen zwei Sprachen auf einmal.

Welche Unterschiede gibt es zwischen dem GNR und deiner Schule in China?

Unglaublich viele! Alle Schüler müssen hier immer die Schuluniform tragen, die für Jungen und Mädchen gleich ist und aus einer blauen Jogginghose und einem weißen Oberteil besteht. Es darf kein Schmuck und keine Schminke getragen werden und die Mädchen dürfen ihre Haare nicht offen tragen, während die Jungs nicht längere Haare als 2cm haben dürfen. Die Schule geht nachmittags viel länger, als in Deutschland – oft bis sechs Uhr abends. Danach kommen noch riesige Stapel an Hausaufgaben dazu, an denen die Schüler häufig bis zwei Uhr morgens arbeiten. Auch in der Schule gibt es nicht viele Pausen. Nach jeder Unterrichtsstunde gibt es eine fünf Minuten Pause und nur die Mittagspause ist 90 Minuten lang. Diese Zeit nutzen meine chinesischen Mitschüler aber auch zum Lernen und Hausaufgabenmachen.

In einer Klasse sind 40 Schüler. Es gibt keine Gruppen- oder Partnerarbeit und der Lehrer hält die ganze Stunde lang eher einen Vortrag, während die Schüler mitschreiben. Es wird sich nicht gemeldet, weil der Lehrer einfach immer irgendwen dran nimmt, der daraufhin  aufstehen und neben dem Tisch stehend antworten muss. Insgesamt haben die Schüler unglaublichen Respekt vor Lehrern. Diese kennen die Namen der Schüler manchmal nicht, weswegen die Schüler durchnummeriert sind und jeder eine Zahl, statt seines Namens hat. Der Sportunterricht in China ist wirklich komplett anders als der in Deutschland. Hier macht man in der Schuluniform Sport und es wird sich nicht umgezogen.  Außerdem haben Mädchen und Jungen getrennt Unterricht. Es wird die ganze Stunde lang, wie beim Militär, marschiert. Der Sportlehrer brüllt die Anweisungen und dann wird in der Gruppe so lange über den Sportplatz marschiert und gejoggt, bis wirklich alles synchron ist und sofort klappt. Manchmal wird auch etwas Leichtathletik gemacht, aber meistens ist es Marschieren und Joggen. Insgesamt lernen die chinesischen Schüler in der Schule zwar unglaublich viel, aber sie müssen immer nur auswendig lernen und ihnen wird nicht beigebracht selbstständig zu denken.

Welche Unterschiede gibt es zwischen dem Alltagsleben in Deutschland und in China?

Hier in China steht die Schule an erster Stelle. Weil ich jeden Tag bis abends in der Schule bin, habe ich an Wochentagen fast keine Zeit für Hobbys oder um Freunde zu treffen. Dafür bin ich am Wochenende wirklich immer unterwegs, treffe mich mit Anderen und schaue mir Beijing an. Die U-Bahn ist das Verkehrsmittel, was ich hier am meisten benutze. Mein Gefühl für Zeit hat sich hier geändert, weil Beijing so riesig ist. Ich rechne für jede Strecke, die ich fahre mindestens eineinhalb Stunden ein. Trotzdem muss ich abends immer vergleichsweise früh nach Hause, weil ich für den Heimweg immer ungefähr zwei Stunden brauche und Chinesen sehr ängstlich sind und ihre Kinder abends nicht so gerne alleine draußen lassen.

Gibt es etwas, was du dir auch hier in Deutschland wünschen würdest, was in China anders ist?

Hier in China ist fast alles preiswerter als in Deutschland. Vor allem das Essen auf den Märkten oder in den Läden und Restaurants ist billiger. Ich finde es auch super, dass man hier ganz oft um Preise handeln kann. Es gibt in China auch ganz viele Obst- und Gemüsesorten, die ich in Europa noch nie gesehen habe und von denen ich überhaupt nicht wusste, dass sie existieren.

Kannst du dir vorstellen, dort langfristig zu leben (z.B. auch für ein Studium)? Warum/ Warum nicht?

Ja, grundsätzlich schon. Ich glaube, ich bleibe für mein Studium erst mal in Deutschland, aber danach kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, für ein paar Jahre nach China zu ziehen. Ich mag vor allem die Großstädte Chinas total gerne, finde die Sprache interessant und möchte mein jetzt gelerntes Chinesisch natürlich auch beibehalten und benutzen.

Kannst du uns etwas über die Stadt und den Alltag erzählen?

Beijing ist im Nordosten Chinas und ist mit 21,5 Millionen Einwohnern und 16,808 km2 wirklich riesig. Es gibt ganz viele Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel den Sommerpalast, die verbotene Stadt, die chinesische Mauer, den Himmelstempel, aber auch ganz viele Museen, Parks, Märkte und natürlich unzählige Einkaufszentren.

An einem typischen Schultag stehe ich um 5:20 Uhr morgens auf, frühstücke zusammen mit meiner Gastfamilie und fahre dann meistens mit dem Auto eine Stunde lang zur Schule. Der Unterricht der chinesischen Schüler fängt um 7:15 an und beginnt morgens mit dem Hissen der chinesischen Flagge, bei dem alle Schüler aufgereiht auf dem Sportplatz stehen, die Nationalhymne gehört wird und Morgensport gemacht wird. Ich muss aber erst eine halbe Stunde später in die Klasse, weil mein Schulweg so lang ist und ich nicht, wie die meisten Schüler, nah an der Schule oder direkt in der Schule wohne. Bis zwölf Uhr mittags habe ich dann entweder normalen Unterricht in meiner chinesischen Klasse oder ich habe extra Unterricht, indem nur Chinesisch gelernt wird. Ich esse zusammen mit meinen chinesischen Mitschülern zu Mittag, wobei das Essen in die Klasse gebracht wird, weil es keine richtige Kantine gibt. Dann habe ich eine fast zweistündige Mittagspause, bevor es wieder in die chinesische Klasse oder den extra Unterricht geht. Um halb vier oder halb sechs habe ich Schulschluss, aber ich bleibe danach immer noch etwas länger in der Schule, weil ich auf meinen Gastbruder warte, der eigentlich immer um halb sechs Schulschluss hat. Daraufhin gehen wir zusammen zu der Wohnung der Großeltern, die in der Nähe der Schule ist und essen dort Abendbrot. Meine Gasteltern kommen auch zum Abendessen zu den Großeltern und somit können wir dann später alle zusammen um ungefähr sieben Uhr nach Hause fahren. Zuhause angekommen bleibt eigentlich nur noch etwas Zeit für Hausaufgaben, von denen ich wirklich viel weniger habe als meine chinesischen Mitschüler, und dann gehe ich schon ziemlich müde ins Bett.

Hast du Tipps für Schüler, die grundsätzlich über einen Auslandsaufenthalt nachdenken und für Schüler, die kurz vor dem Start ihres Aufenthalts stehen?

Ich kann wirklich jedem ein Auslandsjahr ans Herz legen. Dadurch sammelt man so viele neue Erfahrungen, lernt eine neue Sprache und trifft richtig viele coole Leute, mit denen man nach dem Auslandsjahr ganz sicher auch noch gut befreundet sein wird. Man lernt zudem die Kultur und Denkweise von Menschen aus anderen Ländern kennen und sieht viele Sachen danach vielleicht auch aus einer ganz anderen Perspektive.
Wenn man kurz vor seinem Auslandsaufenthalt steht, finde ich es wichtig, dass man nicht versucht sich ein festes Bild von dem zu machen, was einen erwartet, sondern einfach offen und gespannt in die Erfahrung geht, sich auf Neues einlässt und Spaß hat

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